Am Montag fand im Theaterstübchen in Kassel eine eindrucksvolle Lesung des Romans Mephisto von Klaus Mann statt. Die Schauspielerin Sabine Wackernagel gab den Figuren und der düsteren Atmosphäre des berühmten Romans eine lebendige Präsenz. Begleitet wurde die Lesung von Hartmut Schmidt am Akkordeon und Frank Pecher an der Gitarre, die mit Melodien der 1920er- und 1930er-Jahre die Zeit des Romans musikalisch untermalten.
Klaus Mann veröffentlichte Mephisto 1936 im Exil in Amsterdam, nachdem er Deutschland aufgrund der NS-Machtübernahme verlassen hatte. Der Roman handelt vom Schauspieler Hendrik Höfgen, der aus Opportunismus und Karrierestreben eine Zusammenarbeit mit den Machthabern des nationalsozialistischen Deutschland eingeht und dabei seine Ideale verrät. Sabine Wackernagel ließ mit ihrer Interpretation die Ambivalenz und innere Zerrissenheit dieser Figur spürbar werden. Ihre Fähigkeit, sowohl die drängende Atmosphäre des Textes als auch die Vielschichtigkeit der Charaktere zum Ausdruck zu bringen, beeindruckten das Publikum tief.
Zwischen den einzelnen Textpassagen schufen Hartmut Schmidt und Frank Pecher mit ihrer Musik eine stimmige und atmosphärische Begleitung. Die mal melancholischen mal rhythmischen Melodien der Zeit machten die gesellschaftlichen Umbrüche der 1930er-Jahre auf einer weiteren Sinnesebene erlebbar und verstärkten die Wirkung der Lesung.
Besonders faszinierend und zugleich beunruhigend war, wie zeitlos und aktuell der Roman durch diese Inszenierung wirkte. Die Themen – moralische Kompromisse, Karrieredenken, Anpassung und Widerstand – wurden von Sabine Wackernagel mit einem klaren Blick für die Relevanz in der heutigen Zeit vorgetragen. Wackernagel und die Musiker vermittelten nicht nur die literarische Kraft von Mephisto, sondern schufen auch eine Atmosphäre, die das Publikum emotional berührte und nachhaltig zum Nachdenken anregte.